Das 240-Minuten-Freelancer-Manifest
Ich wühlte vor einigen Tagen auf meiner Festplatte, während ich meine Bewerbungsunterlagen auf den neuesten Stand brachte. Da fand ich diese Übersetzung eines Textes, den einer meiner Berliner Freunde, Adrian Lang, einmal auf der Grundlage des mittlerweile leider nicht mehr online stehenden 501 Developer Manifesto (hier ein Link zur letzten bei archive.org verfügbaren Version) erstellt hat. Dies ist ein Text, in dem ich viel von einer Arbeitskultur finde, mit der ich glücklich sein könnte, denn: Ich lebe nicht für meine Erwerbsarbeit (so einiges, was ich unbezahlt tue, nimmt manchmal auch den Charakter von Arbeit an). Ich arbeite, um (gut) zu leben. Trotzdem möchte ich voll hinter meiner Arbeit stehen können und stolz auf sie sein können – egal, ob ich diese Arbeit als Festangestellte leiste oder als Freelancer.
Hier ist meine Übersetzung von Adrians Adaptation:
Das 240-Minuten-Freelancer-Manifest
Wir sind freischaffende Software-Entwickler, die stolz auf ihre bezahlte Arbeit sind, aber sich entschieden haben, nicht zur Gänze davon definiert zu sein. Wir sind Freelancer geworden, um weniger (als 4 Stunden am Tag) zu arbeiten, nicht mehr (als 8 Stunden am Tag).
Als solche sind wir stolz zu sagen, daß wir
- unsere Familien über die kommerziellen Ziele von Geschäftsleuten stellen
- freie Zeit mehr schätzen als kostenlose Snacks
- lieber unser persönliches Leben pflegen als unsere persönlichen Brands
- nachhaltige Geschwindigkeit mehr schätzen als Muskelmann-Heroismus
- unsere persönlichen kreativen Projekte mehr lieben als kommerzielle Produkte, die die Welt nicht braucht
- lieber Geld für fair produzierte, schöne Kleidung haben als gratis T-Shirts von Microsoft zu bekommen
- lieber mit unseren Freunden im Pub Kicker spielen als mit unseren Teamleitern im Büro
- lieber keine Arschlöcher sind als Rockstars
Das bedeutet, wir schätzen die Dinge auf der linken Seite mehr als die auf der rechten, und einige Dinge auf der rechten Seite sind nicht einmal auf unserem Radar.
Wir erkennen an, daß Deine Bereitschaft, Deiner bezahlten Arbeit zu erlauben, tief in Dein persönliches Leben einzudringen, unausweichlich bedeuten wird, daß Du unser Vorgesetzter wirst. Das ist OK für uns.
Im Gegenzug mußt Du akzeptieren, daß der Erfolg des Projekts, an dem wir zusammen arbeiten, zum Großteil davon abhängt, in welchem Grad Du uns mit Respekt behandelst, als fähige Profis sowohl als eine Diversität von unabhängig lebenden Menschen, die mehr sind als nur Deine Auftragsnehmer. Krieg‘ das richtig hin, und wir machen einen richtig guten Job. Versau es, und es gibt ein Risiko, daß wir Dir richtig in die Suppe spucken. Von uns gibt es mehr als von Euch.
Für uns ist es nur ein Job, aber wir machen ihn trotzdem gut.