Adventsstreß? Weihnachtsrummel? Och nö.

Camilla/ Dezember 11, 2009/ persönlich, Vom guten Leben

„Wie überlebt Ihr Weihnachten?“ fragte Julian Heißler am Montag auf derfreitag.de. Und der user motorradblogger präzisierte, die Zeit vor Weihnachten sei die eigentlich stressige.

Ich meine, beides kann in Streß ausarten, aber in den letzten Jahren war alles gut, sobald ich in den Weihnachtsurlaub aufgebrochen war. Für den Streß an Weihnachten selbst war in der Regel ein simples Faktum verantwortlich: Man hockt zu eng aufeinander und erwartet Familienharmonie, aber schwelende Konflikte, die nur mangels Gelegenheit nicht ausgetragen wurden, warten eben nicht bis nach den Feiertagen.

Mittlerweile hat sich die Sache entspannt. Die Erwartungen sind einfach heruntergeschraubt worden – auch weil inzwischen meine leibliche Familie nicht mehr auf einem Fleck wohnt und wir uns vielleicht ein- oder zweimal im Jahr sehen – Weihnachten ist eine der Gelegenheiten, alle mal auf einen Fleck zu bekommen. Dadurch wissen alle viel mehr als früher, wie kostbar die gemeinsame Zeit ist. Die Bereitschaft, große Erwartungen aufzubauen und unbedingt viel unternehmen zu wollen, ist jedoch gesunken. Statt eines großen Festessens gab es letztes Jahr einen Videoabend mit selbstgebackenen Muffins bei meinem Bruder und später mal einen informellen Kaffee mit meiner Großmutter. Statt einer Bescherung werden Geschenke, wenn überhaupt, einfach informell übergeben. Und vielleicht gehen wir auch dieses Jahr, wenn das Wetter mitmacht und wir Lust haben, wieder in den Pfälzer Wald wandern.

Schwieriger ist für mich tatsächlich die Zeit vor Weihnachten. Der Dezember ist irgendwie nur ein halber Arbeitsmonat, und ich habe im dunkelsten Monat des Jahres eigentlich das Bedürfnis, es etwas ruhiger angehen zu lassen. Sich dem Rummel um Weihnachten zu entziehen, erfordert für mich eine ganze Menge Widerstandskraft, zumal mir Weihnachten als Fest nichts bedeutet. Und richtig ätzend wird es, wenn das Geld knapp ist und einen die Werbung mit Konsumbotschaften noch und nöcher bombardiert, wenn man sich einsam fühlt und einem das angesichts des beschworenen „Festes der Liebe“ so richtig schmerzlich bewußt wird, oder wenn überall über Besinnlichkeit geredet wird und einem da erst so richtig ins Bewußtsein kommt, wie sehr man eigentlich unter Druck steht und gar nicht zur Besinnung kommt.

Dieses Jahr habe ich das so bewältigt: Die Reiseplanung – reichlich komplex, da meine übliche Dezemberreise diesmal mehrere Stationen hat – lief schon im Oktober an. Das Wann und Wo sind jetzt festgelegt, so gut wie alle Mitfahrgelegenheiten organisiert und Bahnverbindungen herausgesucht (Tickets im Voraus buchen ist dieses Mal bei keiner Strecke lohnend), ich gehe an das Reisen sehr gelassen heran. Schwieriger waren schon all die Adventstermine. Bis auf die betriebliche Weihnachtsfeier habe ich dieses Jahr zu allen nein gesagt, eine Entscheidung, die mir jetzt eine gute Portion Gelassenheit verleiht. Ein weiteres großes Thema, das gern für Streß sorgt: Weihnachtsgeschenke. Ich werde dieses Jahr einigen wenigen Menschen, die mir viel bedeuten, Geschenke machen, keines wird mehr als 10 Euro wert sein (und nur eins verursacht nennenswerten Arbeitsaufwand). Da ich in aller Regel auch kaum Geschenke bekomme (und manchmal sehr froh bin, daß ich mich damit auch keine verwandtschaftlichen Fehlgriffe dezent entsorgen muß), fühle ich mich nicht „in der Pflicht“. Für den Fall eines Falles, daß jemand darauf besteht, mir etwas zu schenken, und danach fragt, führe ich eine Wunschliste, die ich aber bisher nur Freunden zugänglich gemacht habe.

Ich schrieb oben, daß mir Weihnachten als Fest nichts bedeutet. Es gibt jedoch im Dezember – dieses Jahr am 21.12. um 18:47 – ein für mich wichtiges Ereignis, und das ist ein astronomisches: die Wintersonnenwende. Die Dunkelheit im Dezember empfinde ich jedes Jahr als belastend und traurig, und wenn die Tage anfangen, wieder länger zu werden, ist das für mich ein Anlaß zur Freude. Angesichts der historisch-symbolischen Last, die dieser Termin wie alles, was irgendwie „germanisch“ riecht, trägt – wer Sonnwendfeiern begeht, wird in Deutschland immer noch leicht für einen Nazi gehalten – mag ich diese Tatsache jedoch nicht mit großem Brimborium feiern, und noch weniger schmeckt mir der Gedanke, die Wintersonnenwende zu einem Gegen-Weihnachten aufzubauen. Dementsprechend begehe ich dieses Datum zwar im Kreis einer meiner verschiedenen Wahl-Sippschaften, doch der Kreis ist ein sehr intimer.

Nun ist meine Lebenssituation nicht die von jedem. Ich habe keine Kinder, meine Geschwister haben mich auch noch nicht zur Tante gemacht, und Familie und Freunde sind in dieser Hinsicht sehr entspannt, dadurch kann ich mich vielen gesellschaftlichen Konventionen entziehen. Erzählt mal, liebe LeserInnen: Wie gestaltet sich Eure Weihnachtszeit? Stressig, entspannt, besinnlich, konfliktträchtig?

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3 Kommentare

  1. Weihnachten ist absolut nicht meine / unsere Baustelle, aber da ich mit einer Verkäuferin verheiratet bin bleibt Stress zum Jahresende nicht aus, einfach weil es für meine Lady die beruflich anstrengendste Zeit des Jahres ist. Weihnachten findet soweit als möglich schlicht und ergreifend nicht statt. Da mein Schwiegervater mit im Haus lebt, müssen wir einen Besuchstag für die buckelige Verwadtschaft einplanen, aber das ist es auch schon. Es wird nichts gefeiert, wir haben sonst keine Gäste, es gibt keine Geschenke,kurzum, wir ignorieren den ganzen Kram so weit es irgend geht. Beruflich läute ich dieses Jahr nach dem Wochenende so langsam das Jahresende ein. Ich werde meine Werkstattpräsenz einschränken und mich in aller Ruhe an den üblichen Bürokram machen, der so zum Jahresende bei Selbständigen ansteht.

  2. Hehe,

    auch wenn Weihnachten nun schon einige Zeit her ist, so kann ich doch nicht umhin, hier einige Worte zu zu schreiben. In Deutschland war mir Weihnachten zuwider, weil es einfach keine Harmonie gibt, wie Du schon erkannt hast. Umso neugieriger war ich, wie es in meiner neuen Heimat, den Philippinen, gehandhabt wird. Streit gab es keinen, aber einen Weihnachtsbaum nur aus Plastik. Dafür gab es eine Travestieshow aller Beteiligten, bei der herzlich gelacht wurde. Weihnachtsspiele sind hier wohl normal.

  3. Hallo Dirk,

    also echt: zur Unzeit kommentieren, einen (zur Thematik meines Blogs total unpassenden) Spamlink absetzen und dann noch null Rechtschreibung. Wenigstens hat der Inhalt des Kommentars mit meinem Artikel zu tun, darum darf er stehenbleiben, den Link habe ich allerdings gelöscht und mir erlaubt, Rechtschreibung und Zeichensetzung anzupassen.

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