Was ich an Linux liebe

Camilla/ November 29, 2009/ persönlich, Tools

Pinguine - das Linux-Maskottchen

Seit eineinhalb Jahren bin ich nun mit Ubuntu unterwegs. Zeit für eine kurze Zwischenbilanz! Sie fällt, so kann ich schon einmal sagen, für mich sehr positiv aus. Ich arbeite derzeit privat mit einem Asus Eee 1000HE, auf dem Ubuntu 9.04 Netbook Remix läuft, und wenn ich nochmal in die Verlegenheit komme, mir einen neuen Rechner anzuschaffen, dann ist Linux-Kompatibilität definitiv ein Kriterium für die Kaufentscheidung. Hier eine unvollständige und unsortierte Liste, was ich an Linux alles liebe.

Anwendungsvielfalt. Was mich ursprünglich neugierig auf Linux machte: Viele gute Opensource-Programme, zum Beispiel GIMP, OpenOffice oder mein geliebter Thunderbird, sind linux-nativ, und für fast jede Aufgabe gibt es eine – kostenfreie – Softwarelösung unter Linux. Ich kann mich so relativ einfach in Speziallösungen einarbeiten, um die ich sonst einen Bogen machen würde, weil die Programme teurer sind, als ich mir leisten kann. Ausnahmen:

  • Steuersoftware für die Einkommenssteuer, obwohl ich die letzte Steuererklärung mit ELSTER unter WINE größtenteils hinbekommen habe.
  • Eine zufriedenstellende Bibliographielösung, die mit meinem geliebten citavi mithalten kann, muß ich noch finden. Meine Versuche, citavi unter WINE zum Laufen zu bringen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Die Alternative zotero kommt mir auf jeden Fall sehr mächtig vor, das muß ich noch ausführlicher erkunden.
  • Frustrierend finde ich auch, daß ein so nützliches Angebot wie StampIt unter Linux & alternativen Browsern bis vor kurzem nicht benutzbar war – wie es jetzt mit der Internetmarke wird, bleibt zu erproben. Auch der Hardwaresupport ist zwar kein ganz so düsteres Kapitel mehr wie früher. Daß allerdings ubuntuusers.de immer noch eine Hardware-Blacklist führt, belegt, daß noch nicht alles zum Besten steht zwischen der Linux-Community und den Hardwareherstellern.
  • Nach einer vollkommen befriedigenden Notensatzlösung suche ich ebenfalls noch, was aber gerade nachrangig für mich ist, da ich wenig Noten am Computer setzen will.

Workflow. Virtuelle Desktops erlauben mir, mit nur einem Tastenkürzel gerade nicht benötigte Programme aus dem Weg zu schieben. Wenn ich etwa an einem Design tüftele, kann ich auf dem einen Bildschirm die Grafikbearbeitung machen und habe keine Programmfenster unten in der Fußleiste, die mich daran erinnern, daß da ja noch drei Editorfenster und drei verschiedene Browser offen sind – denn die liegen dann auf dem anderen Desktop. Auf den dritten habe ich möglicherweise derweil meine Aufgabenverwaltung und Pidgin.

Die Fensterverwaltungen (egal, ob GNOME, KDE oder xfce, alle drei habe ich probiert) – auch ohne compiz, das ich auf meinem Netbook aus Performancegründen nicht installiert habe – halte ich für viel gelungener als die unter Windows! Wie oft vermisse ich unter Windows das Tastenkürzel „Strg-Alt-D“, um den Desktop anzuzeigen und noch mehr, wenn die Taskleiste meines Windows im Büro mal wieder aussieht wie der Homescreen eines iPhones, die virtuellen Desktops. Die lassen sich zwar nachrüsten, aber Dexpot ist auf der Kiste im Büro doch einiges langsamer als die nativen virtuellen Desktops unter Linux.

Kein Lizenz- und Kopierschutz-Terror. Die Lizenzbedingungen für Windows XP bzgl. Hardwaremodifikationen (fünf Teile Hardware ersetzt? Neu aktivieren! Prozessor zählt als zwei Teile!) fand ich schon grotesk. Der Löwenanteil der Software für Linux, der ich bisher begegnet bin, ist Open Source, Punkt.

Transparenz. Wo ich unter Windows einfach nur will, daß alles funktioniert, interessiere ich mich unter Linux für mein System. Tonnen von Dokumentation und echte Communities machen mir das Lernen leicht. Das Wiki von ubuntuusers.de etwa ist eine unentbehrliche Hilfe, wenn ich herausfinden will, mit welchem Befehl ich ein .iso erzeuge und welche Optionen ich dafür benötige. Damit macht es richtig Spaß, zu lernen, wie ich das Beste aus meinem System heraushole und kreativ damit arbeiten kann.

Linux ist anpaßbar ohne Ende. Ich war beim Wechsel richtig erschlagen davon, was ich in meinem System alles einstellen und modifizieren kann, von Skins, die es zuhauf gibt, ganz zu schweigen. Mittlerweile benutze ich einen ziemlich standardmäßigen GNOME-Desktop, einzige Anpassung: ich habe Alt+F11 für alle Programme als Fullscreen-Tastenkürzel festgelegt, gebrauche es aber selten, und ich habe von der Netbook-Oberfläche auf die normale umgeschaltet.

Ein ganz großer Pluspunkt ist die Paketverwaltung von Ubuntu. Wieviel einfacher ist es, einfach auf der shell „sudo apt-get install Programmname“ einzugeben und dann das Administratorpaßwort und eine Minute später kann man das Programm starten – statt es erst einmal herunterzuladen, Doppelklick, sich durch einen Installationsdialog klicken und hinterher eventuell noch das Startmenü aufräumen. (OK, manchmal ist ein Programm nicht in den Repositories, und dann ist auch die Installation unter Ubuntu nicht wesentlich unaufwendiger. Bei einem .deb-Paket entfallen hier aber auch die Installationdialoge.) Liegen Aktualisierungen vor, können sie automatisch über die Aktualisierungsverwaltung eingespielt werden, ich muß nicht erst die neue Version herunterladen und manuell aktualisieren. Auch Systemaktualisierungen erfordern sehr viel seltener Neustart und sind unter Ubuntu in meinen Augen viel besser gelöst. Hat ein Programm nichts mehr auf meinem System verloren, wähle ich es in der adept (dem grafischen Tool zur Paketverwaltung) einfach ab und habe es mit zwei, drei Mausklicks – oder natürlich mit einem entsprechenden Konsolenbefehl – deinstalliert. Überhaut, die Konsole: Linux hat mich dazu verführt, mit der Konsole zu arbeiten. Nicht gerade soviel, daß meine Maus arbeitslos wird, aber mit der Shell erledige ich kleine Routineaufgaben wie Dateien kopieren und verschieben oder Bilder verkleinern inzwischen fast schneller. Auch Tastenkürzel verwende ich etwas mehr als früher (was allerdings auch daran liegen kann, daß ich inzwischen sehr, sehr viel am Computer arbeite); und ich starte kaum noch Programme über das Startmenü, sondern eigentlich nur noch über den GNOME-Starter (Alt+F2). Ach, erwähnte ich, daß die GNOME-Shell auch richtig hübsch aussehen kann?

Stabilität. Doch, es geschieht wirklich selten, daß mir ein Programm auf meinem schwachbrüstigen Netbook nonreaktiv wird oder abstürzt! Unter Windows Vista geschieht das schon öfter.

Zuletzt gibt es natürlich auch noch das Kostenargument. Linux ist kostenlos – und im Gegensatz zu gecrackten Windows-Installationen ist mensch damit rechtlich vollkommen im grünen Bereich. Und mit den Live-CDs, die es von nahezu jeder Distribution gibt, kann man es auch gefahrlos beliebig lange ausprobieren, ohne etwas am eigenen System zu ändern.

Share this Post

1 Kommentar

  1. hmm. nach der lektüre überleg ich mir doch wieder, die netbook-linux-combo auszuprobieren. das wäre nicht gut für meine produktivität….:-)

    auf jeden fall: danke für die einblicke!

Kommentare deaktiviert