Produktiv mit Papier: Die vorläufige Bilanz

Camilla/ August 24, 2009/ Zeitmanagement

Seit bald einem halben Jahr nutze ich fast ausschließlich Papier für mein Zeitmanagement. Zeit für eine (vorläufige) Bilanz: Mein Setup hat sich im wesentlichen nicht verändert (außer, daß ich den Archiv-Teil abgeschafft habe und erledigte Agenda-Kärtchen gleich wegwerfe); ich nutze nach wie vor einen Karteikasten, einen Hipster PDA und einen Taschenkalender.

Was hat sich verändert? Ich bin weniger perfektionistisch. Ab und zu entgeht mir tatsächlich etwas, aber das ist nicht schlimm, da ich mich im Großen und Ganzen entspannter fühle; vor allem die Zen To Done-Empfehlung, nur die drei wichtigsten Aufgaben des Tages festzulegen, ist eine großartige Entlastung. Nicht, daß ich dann nicht trotzdem jede Menge Kleinigkeiten nebenbei erledige; aber durch den Fokus auf „wichtigste“, nicht unbedingt dringlichste Aufgaben fühle ich mich gleichzeitig fokussierter.

Zeit für den wöchentlichen Rückblick zu finden, bleibt anstrengend (wen wundert es: 40-Stunden-Job plus Schreiben für imgriff.com sind viel). Auch an der Balance zwischen dem „Zeug, das so anfällt“ und dem großen Überblick arbeite ich noch – und an der gesamten Work-Life-Balance ohnehin. Solange ich jedoch den Wochenrückblick konsequent praktiziere, hat das Paper-only-System einen sehr positiven Effekt auf die gefühlte Verbindung von langfristigen Zielen und „Tagesgeschäft“. Das wichtigste für mich ist jedoch nach wie vor, daß Papier überall greifbar ist und ich dadurch unabhängig vom Computer bin, den ich tatsächlich gerne auch mal ausschalte.

Teilweise bin ich zum Digitalen zurückgekehrt: für Aufgaben, die ausschließlich mit Digitalem zu tun haben, nutze ich inzwischen wieder ergänzend Remember The Milk, außerdem für die Aufgabenverwaltung im Büro (ein reiner Computerjob) und die Terminkoordination mit den Kollegen Outlook sowie das CRM vtiger. Reine Lehre ist das nicht (zumindest Leo Babauta predigt „Ein System für alles“), aber es ist praktisch und RTM ist zudem unschlagbar simpel.

Soweit also meine Bilanz. Kann ich es empfehlen, Zeitmanagement mit Papier und Stift zu treiben? Ich würde sagen, es ist zum einen Geschmackssache und zum anderen auch davon abhängig, ob man „always on“ ist oder nicht; ich bin davon überzeugt, daß jedes Zeitmanagementsystem, ob nun analog oder digital, primär eine Sache der Gewohnheiten ist.

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7 Kommentare

  1. Pingback: Camilla Kutzner (ckutzner) 's status on Monday, 24-Aug-09 06:16:28 UTC - Identi.ca

  2. Ich stimme mit der Einschätzung weitestgehend überein. Auch bei mir hat sich gezeigt, daß, wie so oft, die reine Lehre im Tagesgeschäft nicht funktioniert. Auch ich nutze weiterhin Computer / Handy als Ergänzung zum Papier. Dabei ist es so, daß die primäre Erfassung auf dem Papier stattfindet. Das Notizbuch (A6 liniert) ist immer dabei, das Handy bleibt auch schon mal zuhause….. Ich habe aufgehört mein Notizbuch großartig zu strukturieren. Ich schreib einfach rein, was anfällt. Die einzigen Ordnungsmerkmale sind Seitenzahlen (nur ungerade) und am Ende ein paar Seiten für die ganz großen Projekte (ein besserer Mensch werden…) Aus dem Notizbuch wird dann übertragen: – langfristige Sachen mit einem Zeithorizont von mehr als 3 Monaten, sowie reine Recherche und Schreibaufgaben, landen im Thunderbird auf dem Rechner.

    • Kurzfristige Aufgaben mit einem Zeithorizont von bis zu 3 Monaten landen im Handy und werden da mit Alarmen versehen.

    • Kontaktdaten landen im Handy und werden gelegentlich von da aus mit den Rechnern in Werkstatt und zuhause abgeglichen.

    • Ideen für Projekte, Homepage- und Zeitschriftenartikel laden im Ideengarten auf dem Rechner undwerden von da aus (eventuell) weiter verfolgt.

    • Zu archivierende Sachen werden, wenn irgendmöglich, digitalisiert und landen auf einer externen Platte, ansonsten im Bücherregal.

    Mal schauen, wie mein „System“ in einem Jahr aussieht.

  3. Vielen Dank für deine Erfahrungsberichte. Ich schwanke auch schon seit Jahren (wahrscheinlich Jahrzehnten) zwischen analogen und digitalen Tools. Ich erinnere mich, wie ich mit einem Psion (kennt den noch jemand?) meinen Papier-Kalender ersetzen wollte. Ich bin als großer Junge immer interessiert an technischen Spielereien und überlege mir gerade, ob ich mir nicht doch noch ein iPhone anschaffen soll (um die ganzen Planungen digital zu erledigen). Doch andererseits macht es mir auch Spaß, Papier in der Hand zu halten und schöne Stifte. Und mir tolle Formulare suchen oder designen. So mache ich mein GTD – trotz aller Nachteile – auch auf Papier. Ach ja: Ich glaube nicht, dass die Wahl eine Sache der Gewohnheit ist: Ich habe zu Papier und Bleistift einen anderen Draht – mir fallen analoge Systeme leichter, ich fühle mich mit und in ihnen wohler.

  4. Hiho!

    Ich nutzte für mein Zeitmanagement ausschließlich einen kleinen Kalender. Und das, obwohl ich ja quasi nur am Rechner arbeite.

    Eine Zeit lang hatte ich mich auch mit diversen digitalen Zeitplanern beschäftigt, von Desktop- bis Online-Tool. Aber letztlich konnten sie alle nicht mit dem guten alten Papier mithalten.

    Drei Gründe: 1. Mein Papier-Kalender ist klein, handlich und robust und ich kann ihn jederzeit überall mit dabei haben (wenn ich will). 2. Die Usability hat vor und Nachteile: wiederkehrende Termine muß man für jede Woche / Tag etc. einzeln eintragen, aber dafür kann ich problemlos zwischen verschiedenen Wochen herum switchen. Das ist mit keinem DigiTool machbar! Und das ist mir wichtig. Wenn ich plane, dann will ich den großtmöglichen Überblick haben und nicht immer nur einen Tag, eine Woche oder einen Monat sehen. Versuch mal in Outlook in jeweils einer Sekunden zwischen Mai, Oktober und Dezmeber hinundher zu springen. 3. Kreativität ist für meinen Beruf, für meine Arbeit wichtig. Und ich habe festgestellt, dass mir das Planen mit Bleistift und Papier weitaus mehr Spaß macht, als am Computer und die so ungezügeltere Kreativität mir beim Planen hilft.

    LG Ansgar

  5. @Ralf

    Na aber sicher doch!!! Ich war lange Zeit stolzer und zufriedener Besitzer eines Psion 5mx Pro mit 32mb Ram, sowie eines PSION netbook (nicht dieser unsägliche WinCE-Klon)mit allem erhältlichen Zubehör. Wenn es eine vernünftige, praktikable, WPA-Verschlüsselung für die Cisco Aironet Karte gäbe, würde ich heute keinen Gedanken an ein ach so innovatives Netbook verschwenden. Es ist eine der großen Tragödien der Computerwelt, das Psion aufgehört hat zu existieren!!

  6. Uiuiui, es überrascht mich jetzt richtig, daß die Frage „Papier oder digital“ soviel Resonanz hervorruft. Danke Euch für die Kommentare!

    Die Wahl des Mittels für das Zeit- und Aufgabenmanagement ist sicher von vielen Faktoren beeinflußt, von denen die Vertrautheit mit dem Medium – auch eine Art Gewohnheit – nur einer ist. Für mich spielt die Überlegung, ob mir ein Medium so zur Verfügung steht, wie ich es brauche, eine große Rolle; wenn ich z.B. die ganze Zeit an ein und demselben Rechner arbeite, muß ich nicht darauf achten, daß meine Software plattformübergreifend verfügbar ist, und wenn ich nicht immer Internet habe (weil ich z.B. in einer Bibliothek ohne WLAN arbeite), tue ich mir mit einer Desktop-Anwendung sicher einen größeren Gefallen als mit Aufgabenverwaltung in der Cloud. Oder die Wahl von Outlook als Kalenderanwendung im Büro – die ist einfach dadurch diktiert, daß die ganze Firma damit arbeitet. Was ich mit der „Frage der Gewohnheit“ meinte, ist eher: Ob man nun digitale oder analoge Helfer verwendet, Zeit- und Aufgabenmanagement erfordert auch, daß ich die jeweilige Methode, sei das jetzt GTD, Zen To Done oder etwas anderes, gewohnheitsmäßig anwende. Eine gute Methode, finde ich, ist tatsächlich erst einmal unabhängig von den technischen Mitteln, mit denen man sie umsetzt.

  7. Auf’s Handy kann ich verzichten. Auch auf Outlook und Word. Aber ohne Internet wäre ich hilflos in meiner Welt.

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